Montag, 18. November 2013

Fisch-Gütesiegel im Vergleich. Was dahinter steckt und was Siegel nicht garantieren


Sicher standet ihr auch schon mal mehr oder weniger ratlos vor dem Tiefkühlregal im Supermarkt, und musstet euch im Dschungel der Gütesiegel und Zertifikate für einen bestimmten Fisch entscheiden.  Es stellt sich die Frage, was man von derartigen Siegeln erwartet: einen Beitrag zur Nachhaltigkeit, Maßnahmen gegen die Überfischung der Meere, tierschonenden Fang, zügige unter vorheriger Betäubung erfolgende Schlachtung oder Fair Trade.
MSC Gütesiegel, wie man es im Handel findet

Fest steht, dass dem Tierschutz in der Fischerei bisher wenig Aufmerksamkeit zu Teil wurde, was vielleicht auch daran liegt dass man zu Fischen nicht so einen großen Bezug hat wie zu plüschigen Säugetieren. Außerdem war man lange davon überzeugt, dass Fische keinen Schmerz empfinden können und dass es somit keinen Unterschied macht, ob der Fisch beim Ausnehmen noch bei Bewusstsein ist oder nicht.
Wenn man sich also fragt, wo der Fisch im Supermarkt eigentlich herkommt, dann gibt es zwei Möglichkeiten: aus Wildbeständen oder aus Aquakulturen. Wenn man sich für Wildfisch entscheidet, hat man folgende Siegel zur Auswahl:

1.  Marine Stewardship Council (MSC): Ein Label, das vom World Wide Fund for Nature (WWF) gegründet  wurde, mit der Idee stets genügend Fische im Meer zu lassen, damit sich die Art weiter fortpflanzen kann. MSC zertifiziert aber nicht etwa einzelne Boote sondern die komplette Fischerei eines Gebietes. MSC ist zwar ein nachhaltiges Siegel und trägt zur Bestanderhaltung bei, allerdings sind weder Tierschutz noch Fair Trade ein Thema. Man sollte also von diesem Siegel nicht zu viel erwarten. So lässt MSC auch die Anwendung von Grundschleppnetzen zu, die den Lebensraum vieler Fischarten zerstören, indem der Meeresboden durch das Durchschleifen der Netze förmlich umgeackert  wird. 

2.  Friend of the Sea (FOS) ist ein europäisches Label für nachhaltige Fischerei, die überfischte Arten vermeidet und keine umweltschädigenden Methoden anwendet. Grundschleppnetze sind also verboten, da sie den Meeresboden schädigen. Da FOS aus der Umweltbewegung entstanden ist, wird auch hier kein Wert auf Tierschutz und Fair Trade gelegt. FOS ist trotzdem noch ein wenig strenger als MSC, da es einige nicht-nachhaltige Fangmethoden verbietet. 

3. Dolphin-Safe: Das ist ein Label speziell für den Thunfischfang welches sicherstellt, dass andere Arten, wie beispielsweise Delphine dabei geschont  und nicht als Beifang mitgefischt werden. Allerdings überprüft das Siegel nicht, wie es denn um die Bestände des Thunfischs bestellt ist.

Fazit: Die vielen Labels sind kaum vergleichbar, da sie unterschiedliche Ziele verfolgen.  Allerdings widmet sich kein Label dem fairem Handel oder tierschonendem Fang! Die einzigen Fortschritte in punkto Fair Trade macht die Organisation Fair Fish, die im Senegal ein lokales Projekt für faire Fischerei aufbaut.

Auch die Fangmethode, die auf der zertifizierten Fischverpackung im Handel sichtbar ist, lässt keine Rückschlüsse auf das Wohl der Tiere zu. Es gibt schlichtweg keine „gute“ Fangmethode, da alle die Tiere in Angst und Stress versetzen.  Die Fangmethode kann zudem nicht losgelöst vom Umgang mit dem Fisch an Deck des Fischkutters betrachtet werden. Nur das Zusammenspiel von zügigem Fang und schnellem Tode mit vorheriger Betäubung kann auch dem Tier zugutekommen. Klar, auch hier stellt sich die Frage inwieweit man überhaupt solchen Anforderungen zum Wohle der Tiere gerecht werden kann, wenn man wie beim Wildfang von Fischen von industrieller Massenfischerei ausgeht. 2011 wurden weltweit über 90 Mio Tonnen Fisch gefangen, davon entfielen lediglich  4,6 Mio Tonnen Fisch auf die EU.
Wenn einem wirklich etwas an nachhaltigem und tierschonendem Lebensstil liegt, sollte man Fisch einfach seltener essen. Die unabhängige Organisation www.fair-fish.ch empfiehlt, den Fischkonsum auf 1x pro Monat zu reduzieren, um den Meeren eine realistische Chance auf Regenerierung zu bieten.
Als kritisch empfinde ich es, wenn wie im Video von MSC (link weiter unten) Fisch als „Rohmaterial“ deklariert wird und nicht als Lebewesen. Dieser Umgangston wird verschärft mit der Mitteilung dass Wal-Mart in wenigen Jahren nur noch MSC-zertifizierten Fisch anbieten will. Da fragt man sich doch, ob nachhaltige Produktion der Nachfrage von 20 Mio Pfund gerecht werden kann. MSC hat mittlerweile bereits 200 Mio (!!) Seafood-Artikel im Angebot und verkauft diese in 36 Länder - es ist fraglich, ob dieser Wachstumskurs dauerhaft mit Nachhaltigkeit vereinbar ist…




3 Kommentare:

  1. ... und da fängt es doch erst an selbst wenn ich dann lieber auf den in Aquakulturen gezüchteten Fisch zurückgreife kaufe ich ein Tier was sein ganzes Leben in seinen eigenen Exkrementen geschwommen ist um von den medikamentösen Hilfmitteln mal ganz zu schweigen. Mich schockt echt dass es so wirklich kein Produkt gibt welches ich mit ruhigem Gewissen kaufen kann!!

    AntwortenLöschen
  2. Bei dem Thema ist es tatsächlich schwierig eine brauchbare Lösung anzubieten, denn wie du schon sagst, ist Fisch aus Aquakulturen prinzipiell nicht besser. Zwar gibt es einige wenige Bio-Fischzüchter, aber da über 90% unseres Speisefischs aus Nicht-EU-Regionen kommt, ist es sehr fraglich inwieweit da überhaupt unter Richtlinien gearbeitet wird, die auch nur ansatzweise mit "Bio" zu tun haben. Was wirklich den Ruf hat ein echter "Biofisch" zu sein, ist der klassische Friedfisch, der im Süßwasser gehalten wird, bspw. Karpfen. Die werden mit pflanzlichen Stoffen und nicht mit Fischmehl ernährt, sind aber eben auch nicht jedermanns Geschmack....

    AntwortenLöschen
  3. Das ist echt einfach für Unternehmen ein zu halten, da diese so wie so nur eine bestimmte menge Fischen dürfen, von daher kriegen viele das MSC Siegel

    AntwortenLöschen