Samstag, 10. Mai 2014

TTIP/ TAFTA - Wo 'frei' draufsteht ist nicht unbedingt 'frei' drin


Bis 2015 wollen die EU und die USA das Freihandelsabkommen Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP), auch bekannt als TAFTA, miteinander abschließen. Von seinen BefürworterInnen dafür gelobt, dass es Wachstum in beiden Regionen fördern und zu mehr Arbeitsplätzen führen soll, wird es von seinen GegnerInnen aus einer Vielzahl verschiedener Gründen abgelehnt. 
So komplex die Gründe der KritikerInnen auch sind, werden sie in der öffentlichen Debatte häufig reduziert auf eine übertriebene Angst vor Chlorhühnchen oder einen militanten Widerstand gegen die Gentechnik. Dadurch wird die Kritik von den mächtigen BefürworterInnen des Abkommens oft nicht ernst genommen und  es wird davon abgelenkt, wie weitreichend die Folgen des Abkommens für unsere Gesellschaft tatsächlich wären. Im folgenden deshalb eine Übersicht über vier verschiedene, aber zusammenhängende Kritikpunkte am geplanten TTIP.

1.          'Wer flüstert lügt '- Der Verhandlungsprozess

Wie bei jeder Entscheidung lohnt es sich, zuallererst einmal zu untersuchen, wer denn das Abkommen beschließen kann und ob die BürgerInnen oder ihre VolksvertreterInnen einen Einfluss darauf haben. Diese Frage ist keinesfalls so klar wie man meinen sollte. Es ist offenbar umstritten, ob die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten dem Abkommen am Ende zustimmen müssen, oder ob es unabhängig vom Bundestag auf EU-Ebene beschlossen werden kann.
Einmal beschlossen, soll es jedoch kein zurück mehr geben. Eine Ausstiegsklausel sieht das Abkommen nicht vor und eine Änderung wäre sehr schwierig, denn ihr müssten alle unterzeichneten Mitgliedsstaaten zustimmen. Binden aber würde das Abkommen die Nationalstaaten bis hinunter zu den Kommunalverwaltungen und betreffen würde es jede einzelne BürgerIn.  
Einen verwandten Kritikpunkt betrifft die allgemeine Geheimhaltung des Verhandlungsprozesses. Die breite Öffentlichkeit, aber auch Bundestagsmitglieder und sogar EU-Abgeordnete haben nur begrenzten Zugriff auf die konkreten Inhalte des verhandelten Abkommens. Das macht eine inhaltliche, demokratische Diskussion des Abkommens sehr schwierig.
Von der Kommission immer wieder öffentlich verkündet werden die Studien zu den Wachstumsprognosen durch das Abkommen. 100 Milliarden Dollar Gewinn soll für die EU durch das Abkommen herausspringen. Woher genau diese Zahlen kommen, ist etwas unklar. Eine unabhängige 'High Level Working  Group on Jobs and Growth' soll die Befunde erarbeitet haben. Eine Liste der VerfasserInnen ist aber nicht verfügbar und ihre möglichen Eigeninteressen an einem Abkommen unklar.
Die fehlende Transparenz und Verantwortlichkeit im Verhandlungsprozess, sowohl was die Inhalte, als auch was die Entscheidungsfindung betrifft, ist in sich selbst höchst problematisch. Grünen-Abgeordnete Dröge fordert, dass solche grundsätzlichen Uneinigkeiten zuerst einmal geklärt werden, bevor einfach weiter verhandelt werde.
Die Geheimhaltung wirft noch dazu eine naheliegende Frage auf: Warum werden die Inhalte geheim gehalten? Warum fürchten die BefürworterInnen eine öffentliche Diskussion?

2.          Klage gegen die Demokratie – Die Schiedsgerichte

Einer der umstrittensten Teile des Abkommens betrifft die sogenannten Klauseln zum Investorenschutz. Unternehmen können durch diese Klauseln Staaten wegen Gesetzen verklagen, die ihre erwarteten künftigen Profite mindern. So etwa verklagt der amerikanische Konzern Philipp Morris den australischen Staat gerade wegen seiner – demokratisch legitimierten – Gesundheitspolitik, durch die abschreckende Bilder auf Zigarettenschachteln abgebildet sind und fordert eine hohe Entschädigung vom australischen Staat.
Ähnliche Klagen von amerikanischen Unternehmen würden auf den deutschen Staat zukommen, sollte das Abkommen mit dem Investorenschutz beschlossen werden. Privat bestellte Schiedsgerichte würden über die Klagen entscheiden, die jenseits der staatlichen Justizsysteme stehen und deren Entscheidungen  bindend sind.
BefürworterInnen des Abkommens argumentieren, dass der deutsche Staat schon jetzt viele bilaterale Abkommen über Investorenschutz mit anderen Ländern hat und es sozusagen auf eines mehr oder weniger nicht ankommt.
Dieses Argument ändert aber nichts an der prinzipiellen Problematik des Systems privater Schiedsgerichte für den demokratischen Prozess. Nicht nur müssen die SteuerzahlerInnen in einem solchen System dafür bezahlen, dass ein demokratisch beschlossenes Gesetz einem internationalen Konzern Verluste beifügt, sondern bestimmte Gesetzte würden womöglich gar nicht erst beschlossen werden, aus Angst vor zukünftigen Entschädigungszahlungen.
Die Bundesregierung will die Frage über eine Aufnahme der Investorenschutzklauseln auf eine spätere Phase in den Verhandlungen verschieben, doch KritikerInnen sehen darin nur eine Verzögerungstaktik. Obwohl der Investorenschutz viel kritisiert worden ist, will die europäische Kommission ihn wohl beibehalten und schlägt lediglich eine Reform des Instruments vor.

3.     Chlorhühnchen von oben - Umweltschutz und Verbraucher-schutz

Mit den Schiedsgerichten hängen auch die Zukunft von Verbraucherschutz,- und Umweltschutzstandards zusammen. Was von Seiten der UnternehmerInnen und anderer BefürworterInnen des TTIP als 'Harmonisierung' transatlantischer Standards gesehen wird, läuft für KritikerInnen des Abkommens vor allem auf eine Herabsetzung aller Standards zugunsten internationaler Unternehmensinteressen hinaus.
Hier sind sie nun also, die Chlorhühnchen. Doch nicht nur sie. Das Unternehmen Monsanto drängt im Rahmen der TTIP auf eine Zulassung genveränderter Nahrungsmittel in der EU, die amerikanische Fleischindustrie auf eine Zulassung etwa des umstrittenen Wachstumshormons Ractopamin bei der Fleischproduktion. Der Verband 'Airlines for America' will mit dem TTIP die Abschaffung des europäischen Emissionshandelssystems durchsetzen.
In unzählige Bereiche des Gesellschaftslebens würden die Regelungen des TTIP eingreifen: Energieversorgung und Arzneimittelpreise, Patente und Urheberrechte, Rechte von ImmigrantInnen, die Nutzung von Rohstoffen und vieles mehr. BefürworterInnen des Abkommens sehen im TTIP eine Chance die Standards in manchen Fällen auch anzuheben. Der bisherige Verlauf der Verhandlungen aber, der vor allem auf Seiten von Unternehmen stattfindet und die Öffentlichkeit ausschließt, lässt an dieser Sichtweise Zweifel aufkommen.

4.          Gewinner und Verlierer – Der Weltmarkt

Last but not least ein Kritikpunkt am TTIP, der oft unter den Tisch zu fallen droht. Das Abkommen soll zwischen den USA und der EU beschlossen werden, zwei Regionen die zusammen schon jetzt den Weltmarkt rücksichtslos dominieren. Zwischen diesen beide Regionen sollen die Handelsbarrieren für Unternehmen abgebaut werden damit ihre Konzerne die Profite noch weiter steigern können.
In unserer höchst verflochtenen Wirtschaftswelt aber würden die Folgen des Abkommens auf der ganzen Welt gespürt werden. Vor allem Regionen, die schon jetzt marginalisiert und vom Weltmarkt ausgeschlossen werden, wie etwa der afrikanische Kontinent, würden als Folge des Abkommens noch mehr Schwierigkeiten haben, konkurrenzfähig zu wirtschaften und ihre Angebote über die Grenzen zu bringen. Armut in diesen Regionen würde noch weiter verschärft werden und ein System reproduziert werden, dass nur den westlichen, reichsten 1% der Weltbevölkerung einen Anspruch auf Wohlstand zuspricht.






Das Misstrauen gegen das geheim verhandelte TTIP hat vielzählige, kompliziert Gründe. Es gründet aber ganz allgemein auf der Erfahrung, dass ein zunehmender Einfluss von internationalen Unternehmensinteressen, meist  eine Abnahme sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit sowohl weltweit, als auch innerhalb der Nationalstaaten bedeutet. 
Beim TTIP geht es also bei weitem nicht nur darum, ob es zukünftig Chlorhühnchen in den deutschen Supermärkten zu kaufen geben wird oder nicht. Es geht darum, welche Interessen in den Vordergrund gerückt werden und ob Wirtschaftswachstum wieder einmal das letzte Wort hat. Es geht darum, ob Unternehmensinteressen wichtiger sind als demokratische Prozesse und Umweltschutz. Es geht darum, wie Entscheidungen getroffen werden und wer sich daran beteiligen darf. Es geht in gewisser Weise um den Wert der Freiheit selbst, wie die Freiheit definiert wird – und von wem.




Weiterführende Lektüre:







(Gastbeitrag von Lisa Schweiger)

Montag, 17. März 2014

Günstig und Fair – Kann das sein?


Die Ausbeutungsstrukturen unserer Kleidungsindustrie sind kein Geheimnis. ArbeiterInnen in Südasien müssen 14-Stunden-Schichten  in lebensgefährlichen Fabrikgebäuden schuften, für einen Hungerlohn, der oft nicht einmal das Überleben sichert. Es ist kein Geheimnis. Wohl aber ist es ein Thema, das nicht gern angesprochen wird. Wir Shoppen halt so liebend gern und wollen nicht über die Konsequenzen nachdenken. Alternativen sind uns häufig zu teuer oder unbequem. Denken wir zumindest. Was aber wenn es günstige, einfach erhältliche, fairtrade Kleidung gibt?

Die Seite www.grundstoff.net wirbt damit, ökologisch hochwertige fairtrade Kleider von verschiedenen Anbietern zu verkaufen. Der Versand ist kostenfrei und die Preise  oft verblüffend günstig. Einen Dreierpack tanktops können wir für 21 Euro erwerben, sweatshirts gibt es ab 30 Euro und Turnschuhe für 40 Euro. Solche Preise sind kaum höher als bei den üblichen Textilgiganten und der Versand mindestens so unkompliziert. Man kann mit Kredikarte, per Banküberweisung (Vorkasse) oder durch Sofortüberweisung bezahlen, die Kleider werden zügig geliefert und der Retourenbegleitschein liegt schon mit dabei. Günstig und fair. Klingt fast zu gut um wahr zu sein.

Die verschieden Hersteller bei Grundstoff haben tatsächlich jeweils unterschiedliche Kriterien und Siegel durch die wir uns erst einmal wühlen müssen. Fast alle haben das Global Organic Textile Standard (GOTS) Siegel, das überprüfen soll, dass 90% des Materials aus Naturfasern besteht und verbindlich die ILO-Kernarbeitsnormen durchsetzt. Diese Normen schließen unter anderem Kinderarbeit aus, legen die wöchentliche Arbeitszeit auf maximal 48 Stunden fest und verlangen einen existenzsichernden Lohn. Einige Hersteller bei Grundstoff haben das Fairwear- oder Fairtrade-Siegel, die beide umfassende soziale Standards überprüfen. Die Übersicht über die Hersteller, die Kriterien ihrer Arbeitsbedingungen und ihre Siegel ist sehr übersichtlich in einer Liste bei Grundstoff ausgeführt. Günstig und fair scheint also möglich zu sein. Nur wie kann das sein?

Ein wenig Aufschluss bei der Frage gibt die Organisation medico international im Zusammenhang mit ihrer Kampagne für Saubere Kleidung (http://www.medico.de/material/artikel/cool-aber-toedlich/4461/). In einer Kostenkalkulation europäischer Textilfirmen veranschaulicht sie, wie die 'normalen' Textilgiganten rechnen. Während nur 1% der Einnahmen für die Lohnkosten der ArbeiterInnen gerechnet werden, sind 25 % der Einkünfte für Markenwerbung, 11% für Transport und Steuern und 50% für Einzelhandelskosten und für den Gewinn veranschlagt. Mit dieser Rechnung wird ein wenig verständlicher, wie es sein kann, dass kleine Betriebe ihre Kleidung mit gerechteren Löhnen herstellen und trotzdem so günstig anbieten können. Ein Löwenanteil von Werbung und Einzelhandelskosten fällt ja bei ihnen weg.

Günstig und fair scheint also möglich zu sein und Seiten wie Grundstoff.net eine relativ unkomplizierte Alternative zu unseren geläufigen Textilgiganten zu bieten. Auch hier müssen wir zwar immer wieder nachhaken und die Siegel überprüfen und kritisieren. Im Vergleich zu den Alternativen aber scheint es das kleinere Übel zu sein.


Zum Nachlesen über die Siegel und ihre Kriterien:http://www.ci-romero.de/gruenemode-fwf/


Zur Kampagne für Saubere Kleidung:  http://www.saubere-kleidung.de/


(Gastbeitrag von Lisa Schweiger)

Mittwoch, 12. Februar 2014

Valentinstag ohne Rosen?! Undenkbar!


Es ist wieder soweit und der 14. Februar steht vor der Tür. Und was wäre der Valentinstag ohne das Wahrzeichen der sich Liebenden schlechtweg - Rote Rosen.
Stellt euch vor - wir deutschen geben im Jahr rund 8,7 Milliarden Euro für Schnittblumen, Garten - und Zimmerpflanzen aus, das sind durchschnittlich 106 Euro pro Kopf. Und gar nicht mal so romantisch, kommt ein Großteil dieser Schnittblumen vom Billigdiscounter Aldi, der alleine ca. 40% der Nachfrage bedient. Nur 18% kann durch den Anbau in Deutschland abgedeckt werden. Die restlichen 82% werden importiert – die meisten davon aus den Niederlanden. Doch besonders im Winter stammt fast die Hälfte aller importierten Schnittblumen aus südlichen Ländern wie Kolumbien, Ecuador oder Kenia.

Die Schattenseite dieser bunten Blüten sind nicht nur Monokulturen und Pestizide, sondern auch die Ausbeutung der Arbeiter auf den Plantagen und ein enormer CO2-Ausstoß. Verrückt wenn man sich vor Augen hält, dass eine große Airline zum Valentinstag 1.000 Tonnen Rosen alleine nach Europa fliegt. Das entspricht einer Ladung von zehn Jumbo-Jets. Dann kommt noch die Lagerung der Blumen in einer ununterbrochenen Kühlkette und ihre Verpackung dazu! Und in Europa die Aufzucht in Treibhäusern.
Ein tragisches Beispiel für die Konsequenzen dieser Billig-Schnittblumen ist Kenia, der größte Schnittblumenexporteur nach Europa. Größtes Anbaugebiet liegt rund um den Naivasha-See, rund 80 Kilometer von Nairobi entfernt. Die Region ist generell eine mit der größten Biodiversität im Osten Afrikas. Doch durch den exzessiven Anbau von Schnittblumen leiden die lokalen Wasserressourcen. Denn aufgrund des immer weiter steigenden Bedarfs an Frischwasser für die Schnittblumenindustrie droht der See in Trockenperioden auszutrocknen.

 Gleichzeitig freut es mich auch euch von einem positiven Trend in Deutschland zu berichten, denn wir sind seit 2012 Fairtrade-Rosen-Weltmeister. Seit 2005 gibt es Fairtrade-Rosen in Deutschland zu kaufen und die Absatzzahlen steigen kontinuierlich und erreichen jährlich einen Marktanteil von bis zu 40%. Bereits 1998 wurde vom Verband des Deutschen Großblumenhandels, von Brot für die Welt, terre des hommes, dem Fachverband Deutscher Floristen und weiteren Verbänden das „Flower Label Program“ (FLP) ins Leben gerufen. Das FLP-Siegel garantiert eine umweltgerechte und menschenwürdige Produktion von Schnittblumen. Also, solltet ihr für eure liebsten Blumen kaufen wollen, achtet auf das Fairtrade-Siegel. Im Internet wird berichtet, dass diese sogar in herkömmlichen Supermärkten zu finden sind! 

Oder informiert euch auf http://www.fairflowers.de/